Lübcke, Wilhelm

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Lübcke, Wilhelm

* 31.12.1882 in Hamburg

† 27.01.1956 in Hamburg

Schmied, Werkmeister

- SPD 1905-1933, Reichsbanner, SPD ab 1945

- 3 Jahre 6 Monate Untersuchungshaft Zuchthaus,
KZ Fuhlsbüttel 1935-1939 wg. Vorbereitung zum Hochverrat
(Prozess Lübcke und Genossen)

- Ehrverlust, Ausschluss aus der Siedlungsgenossenschaft

Leben und Werk

Wilhelm Lübcke wuchs als ältester Sohn einer kinderreichen Arbeiterfamilie in ärmlichen Verhältnissen in Altona auf und besuchte dort die Volksschule. Dabei sang er gerne und mit heller Stimme im Schulchor und behielt die Freude am Singen sein Leben lang bei. Nach der Schule erlernte er den Beruf des Huf- und Wagenschmiedes, für den damals wegen der Pferdefuhrwerke und der Pferdestraßenbahn großer Bedarf bestand, der allerdings mit fortschreitender Technik zurückging. Wilhelm Lübcke wich der Krise seines Berufes aus, indem er 1908 zur Firma Nagel und Kaemp (später Kampnagel) ging und dort viele Jahre als Werkzeugschmied und Werkmeister arbeitete.

Mit 18 Jahren trat Wilhelm Lübcke in den Metallarbeiter- Verband ein und engagierte sich ehrenamtlich als Hauskassierer. In den Wohnungen der Kollegen sah er viel Not und Elend, sein politisches Bewusstsein erwachte und er erkannte, dass diese Verhältnisse geändert werden mussten. Er demonstrierte Jahr um Jahr am 1. Mai und trat 1905 in die SPD ein, weil ihn deren Programm überzeugte, mit Hilfe freier Wahlen Reformen in der Gesellschaft durchzusetzen.

Wilhelm Lübcke erwarb das Hamburgische Bürgerrecht, um für die Bürgerschaft wahlberechtigt zu sein. Er musste dafür nachweisen, dass er mehrere Jahre lang ein Einkommen von mindestens 1.200 Reichsmark versteuert hatte.

1909 heiratete Wilhelm Lübcke die Tochter des sozialdemokratischen Agitators Friedrich Peters. Das junge Ehepaar zog in eine Genossenschaftswohnung in Barmbek ein, und Wilhelm wurde Mitglied im Barmbeker Volkschor, der zum Arbeitersängerbund gehörte. Im Ersten Weltkrieg war Lübcke Soldat, wurde zweimal verwundet und geriet in britische Gefangenschaft, aus der er 1919 zurückkehrte.

Seine Frau war da bereits Mitglied der Baugenossenschaft "Gartenstadt Hamburg", die in Berne siedeln wollte. Nachdem beide kräftig am Aufbau mitgewirkt hatten, konnten sie 1922 dort ihr eigenes Haus beziehen, in einem entschieden sozialdemokratisch geprägten Milieu. Wilhelm Lübcke und seine Genossen setzten auf Selbsthilfe in solidarischer Gemeinschaft. Sie wollten durch alternative Wirtschaftsformen, neben Bau- insbesondere auch Konsumgenossenschaften, demokratisch verfasst, ein Gegengewicht gegen schrankenlosen Individualismus und kapitalistische Ausbeutung schaffen.

Wilhelm Lübcke arbeitete engagiert in der Gewerkschaft und in der SPD mit, und als das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold gegründet wurde, war er dabei und tat Dienst als Gruppenführer. Darüber hinaus gründete er den Berner Volkschor im Arbeitersängerbund. In der Weltwirtschaftskrise verlor Lübcke, wie so viele, 1931 seine Arbeit und blieb vier Jahre lang arbeitslos, ein für den tatkräftigen Mann besonders bedrückender Zustand. Er behalf sich, so gut es ging, indem er Land kultivierte und das Siedlungshaus ausbaute.

Im Mai 1933 wurden die Gewerkschaften "gleichgeschaltet" und im Juni wurde die SPD verboten. Wilhelm Lübcke musste eine Haussuchung über sich ergehen lassen, bei der sein Bücherschrank leergeräumt wurde, und überstand eine Vorladung zur Gestapo.

Seit Anfang 1934 arbeitete er in der illegalen Parteiorganisation der SPD in Hamburg mit. Durch Boten erhielt er Exemplare der "Sozialistischen Aktion" und anderer im Ausland gedruckter oder in Hamburg hergestellter Kampfschriften, die er an Parteifreunde aus Berne und Umgebung weitergab. Je Exemplar kassierte er 10 bis 30 Pfennig und leitete das Geld, das zur Unterstützung verhafteter Genossen und deren Angehörigen bestimmt war, an die Landesorganisation weiter. Über ein Jahr lang bewahrte die Berner Widerstandsgruppe ihren Zusammenhalt, verteilte ihr Material und bekämpfte das Unrechtsregime.

Im September 1935 gelang es der Gestapo, die Gruppe aufzurollen. Wilhelm Lübcke kam für fast sieben Monate in Untersuchungshaft, wurde immer wieder verhört, gequält und geschlagen. Das Hanseatische Oberlandesgericht verurteilte ihn am 17. März 1936 wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Der mit Nazis besetzte Vorstand der Genossenschaft schloss ihn als Mitglied aus, und seine Frau musste das Gartenhaus räumen.

Kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte Wilhelm Lübcke seine Haft abgesessen. Er fand in der Folgezeit wieder Arbeit als Schmied, aber in den Hamburger Bombennächten 1943 wurde seine Wohnung in Barmbek vollständig zerstört. Die Familie kam notdürftig in Berne bei Verwandten auf dem Dachboden unter.

Nach der Besetzung Hamburgs durch die Engländer am 3. Mai 1945 feierte Wilhelm Lübcke die Befreiung von der Nazi-Diktatur mit seinen Freunden. Sobald wie möglich nahm er seine Tätigkeit als Kassierer für die Gewerkschaft und sein Engagement in der SPD wieder auf. Aber er war durch die lange Haft und durch die Entbehrungen als Ausgebombter gesundheitlich stark angeschlagen, so dass er eines Tages bei der Arbeit zusammenbrach und viele Wochen im Krankenhaus verbrachte. Schwere Arbeit konnte er danach nicht mehr leisten, so wurde er Rentner.

Die Baugenossenschaft nahm ihn wieder auf und wies ihm ein Haus mit Garten zu, beides allerdings stark vernachlässigt. Wilhelm Lübcke richtete hier für seine Familie ein neues Heim her und verbrachte dort seine letzten Lebensjahre, wobei er weiterhin lebhaften Anteil am politischen Geschehen nahm und insbesondere die Erfolge der Gewerkschaften und deren gegenüber der Zeit vor 1933 gestiegenen Einfluss in der Gesellschaft begrüßte.

Literatur: Bethy Lübcke: Das Leben meines Vaters, Manuskript, Hamburg 2002; FuD, S. 98f.

WT

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