Wiesner, Wilhelm* 03.04.1868 in Thiemendorf/Oberlausitz † 06.05.1934 in Hamburg Tischler, Lagerhalter, Parteisekretär, Bürgermeister von Bergedorf |
– SPD 1887–1933, Distriktsführer, Bürgervertreter, MdBü – Kürzung der Pension |
Leben und Werk
Nach dem Besuch der Dorfschule erlernte Wilhelm Wiesner das Tischlerhandwerk. Er trat 1885 in Löbau dem Deutschen Holzarbeiter-Verband bei und ging auf Wanderschaft. Seit 1899 lebte Wiesner in Hamburg, wo er als Lagerhalter bei der Genossenschaft "Produktion" tätig war. In Bergedorf engagierte sich Wiesner beim Aufbau der "Produktions"-Verteilungsstellen und in der SPD. 1904 wählten ihn die SPD-Mitglieder zum Bergedorfer Distriktsführer, sechs Jahre später zog er in die Bergedorfer Bürgervertretung ein. Seinen Lebensunterhalt verdiente sich Wiesner als Parteisekretär der Hamburger SPD, die ihn 1914 als Kandidaten für die Hamburgische Bürgerschaft aufstellte. Insgesamt 13 Jahre übte Wiesner sein Mandat als Abgeordneter aus, der Schwerpunkt seines politischen Wirkens lag jedoch in Bergedorf. Hier wählten ihn die Bürgervertreter 1916 zunächst als ehrenamtlichen, dann ab 1918 als besoldeten Ratmann in den Magistrat. Am 3. Oktober 1919 wählte die Bürgervertretung Wiesner schließlich für zwölf Jahre zum Bürgermeister von Bergedorf.
Am Ende seiner Amtszeit im Oktober 1931 konnte Wiesner eine eindrucksvolle Bilanz vorweisen: Unter seiner Leitung war Bergedorf in nahezu allen städtischen Bereichen grundlegend modernisiert worden. Wiesners Erfolge reichten von der maßgeblichen Veränderung des Stadtbildes über Investitionen in den Industriestandort Bergedorf bis hin zur Forcierung des Wohnungsbaus.
Im April 1933 starteten die Nationalsozialisten eine massive Diffamierungskampagne gegen Wiesner. Sie warfen ihm Korruption, Bereicherung und den Ruin der Stadtfinanzen vor. Die Bergedorfer Zeitung publizierte eine Serie mit dem Titel "Die Ära Wiesner", in der die angebliche Misswirtschaft des ehemaligen Bürgermeisters angeprangert und Lügen über seinen Lebensstil verbreitet wurden. Auf Grundlage des neu geschaffenen Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums strichen beziehungsweise kürzten die Nationalsozialisten Wiesners Ruhegehalt. Seine Anstrengungen, sich gerichtlich gegen diese Maßnahme zu wehren, schlugen fehl. Wilhelm Wiesner verstarb am 6. Mai 1934, die Trauerfeier zur Einäscherung fand am 11. Mai auf dem Friedhof in Ohlsdorf statt – just an jenem Tag, an dem sich 3.000 bis 4.000 Sozialdemokraten dort versammelt hatten, um dem einjährigen Todestag von Adolf Biedermann zu gedenken. Aufgrund dieser Demonstration verboten die Nationalsozialisten die nachfolgende Trauerfeier auf dem Bergedorfer Friedhof. Wiesners Urne musste in aller Stille beigesetzt werden.
In Bergedorf wurde 1960 der Wiesnerring nach ihm benannt.
Literatur:
FuD, S. 150f; HB, Bd. 5, S. 383f
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