Saalfeld, Kurt

Foto Saalfeld, Kurt

Saalfeld, Kurt

* 22.11.1903 in Hamburg

† 01.07.1982 in Brasilien

Kaufmann, Geschäftsführer

- SAJ 1919, SPD 1920-1931, Bezirksführer,
SAP 1931-1933

- 2 Jahre 6 Monate Untersuchungshaft,
Zuchthaus 1934-1937 wg. Verstoßes gegen das
Gesetz gegen die Neubildung von Parteien
(Prozess Rudolf Saalfeld und Genossen)

- rassisch und politisch Verfolgter, Emigration nach Brasilien 1937

Leben und Werk


Kurt Saalfeld wurde als achtes und jüngstes Kind des Zigarrenmachers Eli Saalfeld geboren. Der Vater war jüdischer Abstammung ohne Konfession (Freidenker), die Mutter protestantisch. Die Kinder wuchsen ohne religiöse Bindung in einem sozialdemokratisch und gewerkschaftlich geprägten Elternhaus auf. Eli Saalfeld war als Sekretär der Tabakarbeiter-Gewerkschaft tätig und betrieb ein Tabakwarengeschäft, das zugleich als Zahlstelle der Gewerkschaft und als Treffpunkt für SPD-Mitglieder diente. Am 30. Oktober 1913 wurde er als SPD-Abgeordneter Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft.

Kurt Saalfeld erlernte nach dem Besuch von Volks- und Privatschule von 1920 bis 1922 einen kaufmännischen Beruf. Anschließend arbeitete er für verschiedene Firmen als Angestellter, ab dem 1. April 1930 für die Gebrüder Salomon.

Wie seine Geschwister gehörte auch Kurt Saalfeld der Arbeiterjugend in Eimsbüttel an, in die er als 15-Jähriger eintrat. 1920 wurde er Mitglied der SPD. Von 1924 bis 1926 war er Bezirksführer in der Eimsbüttler SPD. Kurt Saalfeld wechselte bei der Gründung der SAP im Jahre 1931 zu dieser Partei. Er betätigte sich als Bezirksleiter "linkes Alsterufer" und arbeitete als ehrenamtlicher Redakteur der wöchentlich herausgegebenen Zeitschrift "Norddeutsches Kampfsignal".

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten beteiligte sich Kurt Saalfeld an führender Stelle an der illegalen Arbeit der SAP. Am 28. Juni 1934 wurde er von der Gestapo verhaftet. Bei der Hausdurchsuchung wurden etliche Durchschläge eines Artikels der "Baseler National- Zeitung" vom 25. Juni 1934 mit der Überschrift "Staat und Masse" gefunden, dem ein 10-zeiliger von Saalfeld geschriebener Artikel angegliedert war, der sich mit Hitler und in aller Schärfe mit dem NS-Regime und seinen Folgen auseinander setzte. Der Artikel endet mit dem Aufruf, "sich zum geistigen und revolutionären Endkampf bereit zu halten." In der Polizei-, Schutz- und Untersuchungshaft war Saalfeld schweren Folterungen ausgesetzt. Zum Verrat von Namen ließ er sich jedoch nicht zwingen. Zwar konnte ihm nicht nachgewiesen werden, dass die Durchschläge zur Verteilung bestimmt waren, doch wurde er zusammen mit einer SAP-Gruppe um den früheren Vorsitzenden Arthur Busch wegen Verstoßes gegen das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien verurteilt. Die Widerstandsgruppe war im September 1934 aufgeflogen. Bei den anschließenden Untersuchungen konnte die Gestapo auch die Verbindungen zu dem bereits inhaftierten Kurt Saalfeld aufdecken. Obwohl er nicht wie ursprünglich angeklagt wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt wurde, hat sich offensichtlich der selbst verfasste Aufruf strafverschärfend ausgewirkt. Kurt Saalfeld erhielt für die Beteiligung am Drucken und Verbreiten von Flugblättern sowie für das Sammeln von Geldern für ebenfalls Verfolgte mit zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus die höchste Strafe, die in dem Verfahren gegen die Neubildung von Parteien verhängt wurde. Die Verurteilung erfolgte am 2. Mai 1935 durch das Hanseatische Oberlandesgericht. Kurt Saalfeld verbüßte seine Strafe in Fuhlsbüttel und wurde am 2. Januar 1937 freigelassen.

Anschließend arbeitete er wieder für die Gebrüder Salomon. Als der jüdische Firmeninhaber das Land wegen der NS-Verfolgung verließ, übernahm Kurt Saalfeld die Geschäftsführung. Mit der "Arisierung" des Unternehmens verlor er zum 31. August 1938 seinen Arbeitsplatz. Er blieb arbeitslos. Von 1937 bis zum Sommer 1939 wurde er noch dreimal von der Gestapo für einige Tage bis zu mehreren Wochen inhaftiert.

Um der politischen und rassischen Verfolgung zu entgehen, verließ Kurt Saalfeld am 29. August 1939 Deutschland und begab sich in die Niederlande, wo er bis zum 27. März 1940 bei seinem früheren Arbeitgeber, Max Salomon, wohnte. Eine anschließende Einschiffung endete fünf Tage später in französischer Internierung. Im August 1940 gelang Kurt Saalfeld die Flucht über Spanien nach Portugal. In Lissabon bestieg er am 4. Oktober ein Schiff, das ihn am 19. Oktober 1940 nach Rio de Janeiro/Brasilien brachte.

Der in Deutschland zurückgebliebenen Ehefrau Olga Saalfeld und ihren drei Kindern wurde nach einer ersten Zusage die Genehmigung zur Ausreise verweigert. Da der Haushalt bereits aufgelöst war und die Familie keine Unterkunft finden konnte, begab sie sich zu einer Cousine nach Harksheide. Die Familie wurde zunächst noch von jüdischen Freunden unterstützt, später war sie völlig auf die Unterstützung der Cousine angewiesen. Die NS-Volkswohlfahrt lehnte Hilfe mit der Bemerkung ab, "für die Familie eines halbjüdischen Emigranten haben wir nichts über". Von ihrem Mann erhielt Olga Saalfeld erst im September 1944 ein Lebenszeichen.

Nach dem Ende des Krieges wanderten zunächst zwei der drei Kindern aus. 1954 folgte auch Olga Saalfeld, obgleich die Ehe etwa 1950 geschieden worden war und Kurt Saalfeld in Brasilien erneut geheiratet hatte. 1972 besuchte er noch einmal Hamburg und Holland. Literatur:
FuD, S. 129f; Verfolgung S. 47

HS

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