Mohr, Rudolf* 02.03.1890 in Wilhelmsburg † 15.04.1962 in Hamburg Nieter, kaufm. Angestellter, stellvertretender Bürgermeister in Wilhelmsburg, Senator in Harburg |
– SAJ 1906, SPD 1908–1933, ab 1945, Bezirksvorsitzender – 2 Wochen Schutzhaft Fuhlsbüttel 1944 (Gewitteraktion) – Verlust des Arbeitsplatzes, Gesundheitsschaden |
Leben und Werk
Rudolf Mohr wurde als Sohn eines Arbeiters geboren. Er besuchte von 1896 bis 1904 die Volksschule und erlernte anschließend das Nieterhandwerk. Bis zum Ersten Weltkrieg arbeitete er in seinem Beruf auf verschiedenen Werften. Mohr wurde Soldat und kam 1916 als Nieter nach Ostende und Brügge. Ende 1916 konnte er sich beruflich verändern und wurde als Kantineneinkäufer zuständig für Ostende, Brügge, Gent und Antwerpen tätig. Nach der Revolution kehrte Mohr Anfang 1919 nach Wilhelmsburg zurück und übernahm nach seiner Wahl zum dritten Vorstandsmitglied der örtlichen Konsumgenossenschaft die Aufgabe eines Verkaufsstellenkontrolleurs.
Mohr schloss sich bereits 1906 der Arbeiterjugend an. Im darauf folgenden Jahr erfolgte der Eintritt in die Metallarbeiter-Gewerkschaft. In die SPD trat er 1908 ein. 1910 leitete er die Arbeiterjugend in Wilhelmsburg und gehörte dem örtlichen SPD-Vorstand an. Während der Revolution fungierte Mohr als Vorsitzender des Arbeiter- und Soldatenrats. Im März 1919 wurde er zum Mitglied des Gemeinderats und zum Kreistagsabgeordneten des Landkreises Harburg gewählt. In Wilhelmsburg übernahm er 1920 die Funktion eines ehrenamtlichen Beigeordneten, zugleich führte er bis 1925 die SPD-Fraktion als Vorsitzender. Nachdem Wilhelmsburg in diesem Jahr die Stadtrechte verliehen worden waren, wurde Mohr für zwölf Jahre zum hauptamtlichen Beigeordneten und stellvertretenden Bürgermeister gewählt. Zwei Jahre später erfolgte die Vereinigung mit Harburg, wobei Mohr erneut für zwölf Jahre zum besoldeten Senator gewählt wurde.
Mohr konnte sein Amt noch bis zum März 1933 ausüben, dann wurde er von den Nationalsozialisten unter Waffengewalt aus seinem Amtszimmer entfernt. Nachdem er zunächst beurlaubt wurde, entließen ihn die neuen Machthaber am 24. Januar 1934 aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Trotz der anfänglichen Beurlaubung zahlte die Stadt bis zum 1. Oktober 1933 kein Gehalt an Mohr. Dadurch geriet er in eine finanzielle Notlage. Mohr hatte in den vorangegangenen Jahren an einer offenen Lungen-Tbc gelitten und zur Finanzierung von mehreren Kuraufenthalten in der Schweiz und im Schwarzwald einen Kredit aufgenommen. Als er seinen Verpflichtungen nicht nachkommen konnte, erwirkte der neue NS-Direktor der Kreissparkasse umgehend Zahlungs- und Pfändungsbefehle. Das Gericht ordnete eine Kahlpfändung an, wobei ein Großteil des Hausrats weit unter Wert versteigert wurde. Mohr musste mit seiner Familie die von ihm gemietete Villa verlassen. Durch die im Zusammenhang mit der Verfolgung stehenden Belastungen kam es erneut zum Ausbruch der Lungen-Tbc, die zu einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit führte. Nach dem Attentat auf Hitler wurde Mohr am 22. August 1944 von der Gestapo verhaftet. Bis zum 5. September wurde er in Fuhlsbüttel in Einzelhaft gefangen gehalten. Hier verschlechterte sich sein Gesundheitszustand weiter.
Nach dem Ende des NS-Regimes war es Rudolf Mohr wegen seines Gesundheitszustandes nur begrenzt möglich, sich am demokratischen Aufbau zu beteiligen. Dennoch stand er der SPD als Landesdelegierter zur Verfügung. Außerdem übte er in Harburg den Kreisvorsitz der Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter Sozialdemokraten aus. Hamburgs Oberverwaltungsgericht gehörte er als Beisitzer an.
Literatur:
FuD, S. 109
HM