Meitmann, Karl

Meitmann, Karl

* 20.03.1891 in Kiel

† 17.02.1971 in Mönkeberg bei Kiel

kaufm. Angestellter, Gausekretär im Reichsbanner, Parteisekretär, Arbeiter, Buchhalter

Originalquellen

– SAJ 1905, SPD 1909–1933, 1. Vorsitzender des Landesverbandes Hamburg, MdBü, SPD ab 1945, 1. Vorsitzender der Landesorganisation Hamburg, MdBü, MdB

– insgesamt 5 Monate KZ Fuhlsbüttel 1933

– aus Hamburg ausgewiesen, Berufsschaden

Leben und Werk

Karl Meitmann wurde in einem sozialdemokratischen Elternhaus geboren. Der Vater leitete als Geschäftsführer die Kieler Genossenschaftsbäckerei "Vereinsbäckerei". Von 1897 bis 1905 besuchte Meitmann die Volksschule in Kiel-Ellerbek und Kiel-Gaarden. Anschließend absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung. Frühzeitig begann seine Aktivität in der Arbeiterbewegung. Er gehörte 1905 zu den Gründern der Kieler Arbeiterjugend und wurde deren erster Vorsitzender. 1908 bestätigte er sich als Jugendturnwart in der "Freien Turnerschaft an der Kieler Förde". Im darauf folgenden Jahr trat er in die SPD ein. Im gleichen Jahr wechselte Meitmann nach Hamburg und arbeitete als Buchhalter bei der Großeinkaufsgesellschaft Deutscher Konsumvereine (GEG). Neben seiner Berufstätigkeit bildete er sich vor allem in Fremdsprachen sowie im Bereich Wirtschaft und Genossenschaftswesen fort. 1912 wurde er zum Militärdienst eingezogen und befand sich anschließend bis 1918 im Kriegseinsatz.

Nach der Revolution beteiligte sich Meitmann am Aufbau demokratischer Verhältnisse. Bereits im Dezember 1918 wurde er Sekretär des Beigeordneten beim Regierungspräsidenten von Schleswig- Holstein, dem die Umsetzung der Politik der neuen Reichsregierung oblag. Als Reichskommissar eingesetzt, hatte Meitmann maßgeblichen Anteil an der Niederschlagung des Kapp-Putsches in Schleswig-Holstein. Anschließend wurde er vom preußischen Innenminister zum Zivilkommissar für den demokratischen Aufbau der Polizei in der Provinz ernannt. Das für diese Aufgabe, die er bis 1923 wahrnahm, notwendige Hintergrundwissen eignete sich Meitmann in einem achtsemestrigen Studium als Hospitant an der Universität Kiel an. Angebote, preußischer Landrat und Kieler Polizeipräsident zu werden, lehnte er ab.

Meitmann übernahm 1924 die Gründung des Reichsbanners in Schleswig-Holstein und wurde Gausekretär. Zwei Jahre später stellte ihn der SPD-Bezirksverband Schleswig-Holstein als Parteisekretär ein. Zugleich erfolgte seine Wahl in den Bezirksvorstand. 1928 wurde Meitmann zum Vorsitzenden der SPD-Landesorganisation Hamburg gewählt, auf Reichsebene gehörte er dem SPD-Parteiausschuss an. Auch übernahm er den Vorsitz des SPD-Bezirksverbands Hamburg-Bremen- Nordwest. 1931 wurde er in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt.

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Meitmann unter Bruch der Immunität zusammen mit dem Reichstagsabgeordneten Gustav Dahrendorf am 24. März 1933 inhaftiert und nach drei Tagen freigelassen. Seine zweite Verhaftung dauerte vom 2. Mai bis zum 15. Mai 1933. Meitmann musste Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen, und da die Aufbewahrung von Parteiunterlagen sowohl in den Räumen der Partei als auch im eigenen Haus zu gefährlich war, verbrannte er in seiner Waschküche am Maienweg 281 zahlreiche Dokumente, darunter einmalige Originale aus der Parteigeschichte von unersetzlichem Wert. Als am 16. Juni 1933 die Teilnehmer der Parteivorstands- und – ausschusssitzung im Redaktionsgebäude des "Hamburger Echo” in der Fehlandstraße von der Gestapo verhaftet wurden, kam auch Meitmann ins Gefängnis. Während die meisten Verhafteten nach mehreren Wochen aus dem KZ Fuhlsbüttel entlassen wurden, blieb Meitmann bis Ende Oktober 1933 in Haft und erhielt dann die Auflage, innerhalb von 24 Stunden die Stadt zu verlassen. Während der Haft war er schweren Misshandlungen ausgesetzt.

Meitmann begab sich nach Niendorf an der Ostsee. Hier holte der mit ihm befreundete Herbert Dorendorf, Vorstandsmitglied der Märkischen Brikett – und Kohlen-Verkaufs AG, Berlin, ihn und seine Frau mit dem Auto ab und brachte die beiden nach Berlin. Dorendorf verschaffte Meitmann eine Anstellung als Lohnbuchhalter in einem kleinen Werk der "Anhaltischen Kohlenwerke", 50 Kilometer östlich von Frankfurt an der Oder. Zunächst wohnte Meitmann in Zielenzig, dann zog er nach Drossen. 1936 wechselte er für die gleiche Firma in die Berliner Hauptverwaltung. In der Hauptstadt unterhielt er Verbindungen zu Widerstandskreisen und Theodor Haubach und Julius Leber.

Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes gelangte Meitmann am 24. Juni 1945 zurück nach Hamburg. Sofort übernahm er beim Aufbau der SPD die Führung. Den am 14. Juli 1945 gewählten provisorischen Landesvorstand stand Karl Meitmann bis 1952 vor. Anschließend gehörte er noch weitere sechs Jahre dem Landesvorstand an.Auch im Bezirk Hamburg-Nordwest führte er wieder den Vorsitz. Von 1947 bis 1954 war er Mitglied des zentralen Parteivorstandes. Er gehörte von 1946 bis 1949 der Hamburgischen Bürgerschaft an und war von 1949 bis 1961 Mitglied des Deutschen Bundestages.

Nach dem Rückzug aus der Politik lebte Karl Meitmann in Mönkeberg bei Kiel.
Literatur:
FuD, S. 103f; Echo-Versammlung, S. 49f; Verfolgung S. 70f

HM

Originalquelle zu Karl Meitmann

Karl Meitmann am 3. Februar 1965 an die Forschungsstelle für die Geschichte des Nationalsozialismus in Hamburg (1)

Auszug: „Das auf den Seiten 118 und 119 enthaltene Dokument Nr. 18 enthält die Vermutung seines Schreibers Abraham, daß eine, bei der darin beschriebenen Durchsuchungsaktion gefundene Denkschrift, die er als „Flugblatt“ bezeichnet, als Verfasser den Reichstagspräsidenten Paul Löbe gehabt habe. Er (Abraham) knüpft an den Versuch Staudingers, die Urheberschaft auf sich zu übernehmen, die weitere Vermutung, das St[audinger]. Dies nur getan habe, „um Maßnahmen gegen die Gesamtpartei“ abzuwenden, die er (St[audinger].) „offensichtlich befürchtet, wenn die Herstellung dieser Flugblätter der Gesamtpartei nachgewiesen wird“.

Tatsächlich hat sich folgendes in diesem Bezug ereignet: a) Der Verfasser und Hersteller dieser Denkschrift in höchstens 40 bis 50 Exemplaren im Hektografierverfahren, bin ich selber gewesen, zusammen mit meinem Freund Professor Dr. Paul Hermberg in seinem Hause am Philosophenweg in Jena. Die Niederschrift unserer beider Arbeit habe ich einen Tag später auf der Schreibmaschine von Frau Staudinger im Hause des Professors Lederer in Berlin durchgeführt, wo sie und ihr Mann sich verborgen hielten, weil Frau Staudinger als Jüdin in höchstem Grade gefährdet war. Um Frau Staudinger die erforderliche Zeit zur Flucht ins Ausland zu verschaffen, habe ich dem mich vernehmenden Hauptmann Abraham (am Tage nach der polizeilichen „Durchsuchung“) und auch weiterhin meine Urheberschaft und die oben erwähnten Umstände der Vervielfältigung e.t.c. verschwiegen. Das wußte auch mein Freund Hans Staudinger, mit dem ich meine, allein für die Hamburger Verstandsmitglieder entworfene Situations-Analyse in Berlin in der Wohnung seines Freundes Professor Dr. Lederer noch einmal durchgesprochen hatte. Um seine Frau vor dem sicheren Tode zu schützen, hat er die Urheberschaft versucht auf sich zu nehmen. Kein Mitglied des in Berlin verbliebenen Teiles des Gesamt-Vorstandes hat jemals meine Denkschrift gesehen, etwas von ihr erfahren, oder gar, weder direkt noch indirekt an ihrer Entstehung mitgewirkt. Das ist die Wahrheit in der Sache! Ich freue mich noch heute, daß auf diese Weise Frau Staudinger die Flucht nach Amerika geglückt ist und daß sie noch lebt! Der dafür gezahlte Preis der Aufrechterhaltung der „Schutz-Haft“ des ganzen Hamburger Partei-Vorstandes der S.P.D. hat mich niemals gereut.

(1) FZH, 8332 SPD 1933-1945 Berichte, Meitmann bezieht sich auf das Dokument 18: Der Polizeisenator an das Reichsministerium des Innern, 21. Juni [1933], Timpke (wie Anm. 2), S. 119.

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