Kraft, Carl

Kraft, Carl

* 02.03.1890 in Niendorf/Kreis Pinneberg

†  ?

Handelsvertreter, Angestellter, Fürsorger

– SPD 1909-1933, Reichsbanner

– Verlust des Arbeitsplatzes

Leben und Werk

Carl Kraft besuchte die Volksschule in Itzehoe. Nach der Schule absolvierte er in Schleswig eine dreijährige kaufmännische Ausbildung in der Kolonialwarenbranche. Nachdem er 1909 arbeitslos geworden war, fand er im darauf folgenden Jahr eine Anstellung als Koch. Schließlich machte er sich als Handelsvertreter selbstständig. Während der Weltwirtschaftskrise war Kraft von 1930 bis 1932 arbeitslos, dann wurde er am 1. Dezember 1932 bei der Fürsorgebehörde der Stadt Hamburg als Ermittler eingestellt. Bereits seit 1924 hatte er ehrenamtlich als Fürsorgepfleger gewirkt.

Zur Zeit der Machtübernahme lebte Kraft auf dem Dulsberg, Lauenburgerstraße 15. Er war in der örtlichen Parteiorganisation der SPD aktiv, der er seit 1909 angehörte, Mitglied des Reichsbanners und betätigte sich in der Konsumgenossenschaft "Produktion".

Am 30. Dezember 1933 wurde Kraft zum darauf folgenden Tag der Arbeitsplatz ohne Angaben von Gründen gekündigt. Nach dem Ende des NS-Regimes wurde ihm ein Schreiben vom 19. Juli 1933 zugespielt, aus dem hervorgeht, dass seine Entlassung von örtlichen NSDAP-Mitgliedern betrieben worden war:

"An die [NSDAP-] Ortsgruppe Dulsberg Meldung Der Berufspfleger bei der Wohlfahrtsstelle XII, Carl Kraft, wohnhaft Lauenburgerstr. 15, ist uns hier als einer der rührigsten S.P.D.-Funktionäre dafür bekannt, dass selbiger noch bis in die neuere Zeit in der schamlosesten Weise die nationalsozialistische Bewegung in den Dreck zieht. Ich habe stets behauptet, dass die S.P.D. noch kurz vor ihrem Abtreten von der öffentlichen politischen Bühne ihre Hauptfunktionäre im Staatsbetrieb untergebracht haben müsste. Pg. [Parteigenosse der NSDAP] Otto Schweiger, Lauenburgerstrasse 15, also im selben Hause, wo Kr. wohnt, erklärte mir, dass Kr. einer von den aktivsten S.P.D.-Genossen, sowohl Reichsbanner war und bei ihm seine Genossen ein und aus gingen. Gleichfalls ist Kr. auch Hauptfunktionär innerhalb der Produktion [Konsumgenossenschaft]. Eine Person wie Kraft in einem Bezirk, der sich alle Mühe gibt, der Bewegung zum vollen Durchbruch zu verhelfen, bedeutet das allergrößte Hindernis. Dieser Mann wird schon mit seiner Tätigkeit dafür sorgen, dass unsere Arbeit den allergrößten Schwierigkeiten begegnet. Meine Angaben werden durch das Zeugnis des Pg. Schweiger gestützt. Außerdem ist mir Kraft zur Genüge als spiritus rector der S.P.D. hier auf dem Dulsberg bekannt; denn mein Etagennachbar ist der Bezirksführer der S.P.D. Winkelbauer. Heil Hitler! Gez. Julius Born Schriftwart der Stülpo Elsass.”

Die Meldung trägt den Zusatz: "Nach Kenntnis der Sektion Westiark vorgelegt, mit der Bitte um Weiterleitung an die betreffenden Stellen.”

Das Angebot, dass die Kündigung im Falle eines Eintritts in die NSDAP zurückgezogen werde, lehnte Kraft ab. Bis zum 1. März 1938 gelang es ihm nicht, eine Anstellung zu finden. Eine Vermittlung wurde vom Arbeitsamt aus politischen Gründen abgelehnt. Zunächst war Kraft noch seine ehrenamtliche Tätigkeit als Fürsorgepfleger geblieben. Im April 1933 war er noch zum ehrenamtlichen Bezirksvorsteher mit 28 ihm unterstehenden Pflegern ernannt worden. Diese Aufgabe wurde ihm Ende Mai ebenfalls aus politischen Gründen entzogen. Als Fürsorgepfleger konnte er noch bis 1943 tätig sein.

Ein Kleingarten in Wandsbek-Gartenstadt bot schließlich den Anknüpfungspunkt für ein bescheidenes Einkommen. Ab 1938 arbeitete Kraft für die Samenhandlung Karl Polley als Vertreter auf Provisionsbasis. Als Polley 1941 zur Wehrmacht eingezogen wurde, war er erneut arbeitslos. Erst am 8. April 1942 gelang es ihm, als Expedient bei der Firma Johann Thormann eine feste Anstellung zu finden.

Nach 1945 war Kraft als Angestellter im öffentlichen Dienst beschäftigt.
Literatur:
FuD, S. 90f

HM

Kommentare sind geschlossen.