Finnern, Robert* 13.03.1894 in Hamburg Ehemann von Hilda Finnern | - SPD 1912-1933, Distriktsführer - 6 Wochen Schutzhaft 1933, 1 Jahr 6 Monate Schutzhaft, - Verlust des Arbeitsplatzes - Koordinator des Widerstandes in Eppendorf-Winterhude |
Leben und Werk
Robert Finnern erlernte das Schlosserhandwerk und war von 1919 bis 1926 als Schlossergeselle in der Kunst- und Bauschlosserei H. L. Meinhardt tätig. Anschließend wechselte er zur Konsumgenossenschaft "Produktion”, wo er bis zum 1. April 1933 beschäftigt war.Robert Finnern trat 1912 in die SPD ein. 1920 übernahm er die Funktion eines Bezirksführers, von 1929 bis 1933 war er Distriktsführer in Eppendorf-Winterhude. In dieser Eigenschaft nahm er am 16. Juni 1933 an der Parteivorstands- und -ausschusssitzung im Redaktionsgebäude des "Hamburger Echo” in der Fehlandstraße teil. Bei der Besetzung des Hauses durch die Gestapo wurde auch Finnern verhaftet. Nach sechs Wochen Schutzhaft wurde er am 29. Juli 1933 wieder freigelassen. Seine Frau Hilde hatte während dieser Zeit zwei Hausdurchsuchungen erdulden müssen.
Der politisch motivierten Entlassung bei der "Produktion” folgte eine Zeit der Arbeitslosigkeit, bis es Robert Finnern und seiner Frau unter Zuhilfenahme eines Darlehens gelang, am 15. Januar 1934 in Eppendorf, Im Tale 27, ein kleines Kolonialwarengeschäft zu eröffnen.
Mehrere Jahre war Robert Finnern aktiv im Widerstand. Der Prozessakte zufolge erhielt die Gruppe um Finnern zunächst von Walter Siering illegale Schriften wie "Neuer Vorwärts” und "Sozialistische Aktion”. Später fuhr der mit Finnern verurteilte Wilhelm Bock nach Kopenhagen und holte Material nach Hamburg. Am 3. März 1938 war für 19.30 Uhr die Übergabe einer illegalen Sendung aus Dänemark durch den Kieler Sozialdemokraten Oskar Nielsen an Finnern verabredet. Zu diesem Zeitpunkt standen beide bereits unter Beobachtung. Der überbrachte Koffer enthielt mehrere tausend Exemplare der Flugschrift "Laßt Tatsachen sprechen!”. Nielsen und Finnern wurden noch am gleichen Abend verhaftet. Sodann führte die Gestapo eine Hausdurchsuchung durch und nahm auch Hilde Finnern für vier Tage in Haft. Nielsen war nach zwei Tagen Polizeihaft tot. Robert Finnern und Wilhelm Bock wurde vor dem Volksgerichtshof in Berlin der Prozess gemacht. In der Anklageschrift wurde ausführlich aus dem beschlagnahmten Flugblatt zitiert:
"Wir sind gegen die fünfjährige Schande, gegen braunes Parteibuch, braunes Amt und braune Verschwendung, braunen Bettelsack und braunen Fettwanst, die das Volk ausbeuten und immer tiefer in Not und Elend stoßen [...] Wir sind dagegen, dass der versoffene Ley und seine Kumpanei über Lohn und Brot der Arbeiter bestimmen, dass der Mann, der den Staat trägt, Bürger, Bauer und Beamter, von den Großen ausgebeutet wird, wir sind dagegen, dass dem Volk der Mund zugehalten wird, [...] dass die Dummheit über das Wissen, dass der Banause über den Künstler, dass die Uniform über den Zivilisten, dass Gesindel über das anständige Deutschland herrscht [...]
Jeder Krieg, den Deutschland wagt, wird zum Zermürbungskrieg werden [...] Es fehlt schon jetzt an Getreide und Nahrungsmitteln, es fehlt an Eisen und Stahl, an Holz und Zement. Frankreich liegt hinter seiner Maginot-Linie unerreichbar [...] Englands ‚Schattenindustrie’ für Flugzeuge ist heute schon [...] größer als die deutsche Fabrikation [...] Will Deutschland gegen die Welt einen Zermürbungskrieg beginnen, bei dem es selbst mit der Brotkarte anfängt, die SA als braune Kolonialtruppen benutzt, um das eigene Hinterland und die Rüstungsarbeiter zu bewachen und Söhne marschieren lässt, deren Väter im Konzentrationslager sitzen?[...]
Heute wird das deutsche Volk wie ein Negerstaat von Eroberern regiert. Keine freie Presse, keine freie Meinung, keine Versammlungs- und Vereinsfreiheit. Was die Bonzen in ihrem Gral aushecken, das soll das Volk ausbaden [...] Die Arbeiter sind seit fünf Jahren Gegner des Nazisystems, der Mittelstand hat seit vier Jahren die Nase voll, die Bauern wissen seit drei Jahren, dass sie sich getäuscht haben, die Industrie ist seit zwei Jahren klüger geworden, die Bürokratie, die Diplomaten und die Generale – sie haben sich das anders vorgestellt [...] Erst wenn sie begreifen, dass sie mit dem freiheitsliebenden Volke, mit den wahren Patrioten gehen müssen, dass sie den Mut haben müssen, offen für ein anständiges, sauberes, freies Deutschland einzutreten – dann lebt der Nationalsozialismus keine vierundzwanzig Stunden länger! Es lebe das freie Deutschland!”
Am 23. August 1938 wurden die beiden Angeklagten wegen Beihilfe zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis verurteilt. Nachdem Robert Finnern seine Strafe in Fuhlsbüttel verbüßt hatte, wurde er nicht freigelassen, sondern ins KZ Sachsenhausen überführt. Hier starb er am 22. April 1940 nach offiziellen Angaben an einer Lungenentzündung.
In Alsterdorf wurde 1985 der Robert-Finnern-Weg nach ihm benannt. Vor seinem letzten Wohnsitz Im Tale 27 wurde ein Stolperstein verlegt. Literatur:
FuD, S. 57f; Echo-Versammlung, S. 42f HM