Dahrendorf, Gustav

Dahrendorf_Gustav

Dahrendorf, Gustav

* 08.02.1901 in Hamburg
† 30.10.1954 in Braunlage/Harz

kaufm. Angestellter, Redakteur, Geschäftsführer der Konsumgenossenschaft "Produktion"

- kaufm. Angestellter, Redakteur, Geschäftsführer der Konsumgenossenschaft "Produktion"

- SAJ ca. 1915, SPD 1918 – 1933, Mitglied des Landesvorstandes, Reichsbanner, MdBü, MdR, SPD ab 1945, Mitglied des Wirtschaftsrates, MdBü

- 3 Monate Schutzhaft, Untersuchungshaft Hamburg 1933, 9 Monate (Urteil: 7 Jahre) Untersuchungshaft Zuchthaus Berlin, Ravensbrück, Brandenburg 1944/45 wg. Landesverrat (Prozess Leber und Genossen, 20. Juli 1944)

- Verlust des Arbeitsplatzes

Leben und Werk

Der Sohn eines Arbeiters absolvierte nach dem Besuch der Volksschule eine kaufmännische Lehre. Bereits 1917 trat er in die Gewerkschaft ein, 1918 wurde er Mitglied der SPD. Dahrendorf, der schon nach dem Schulabschluss Mitglied der Arbeiterjugend geworden war, engagierte sich später bei den Jungsozialisten. Er gehörte dem Reichsausschuss der Jungsozialisten an und war führend in dem 1923 gegründeten „Hofgeismarer Kreis“ aktiv.Nach der Berufsausbildung arbeitete Dahrendorf zunächst als Angestellter des Zentralverbands der Angestellten, 1924 wechselte er als Redakteur zum Hamburger Echo. In der Weimarer Zeit entwickelte sich Dahrendorf in Hamburg zu einem vielversprechenden Nachwuchspolitiker. Er gehörte dem SPD-Landesvorstand von 1921 bis 1933 an, war Mitglied des Gauvorstands des Reichsbanners und wurde 1927 in die Hamburgische Bürgerschaft sowie am 6. November 1932 in den Reichstag gewählt. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde Gustav Dahrendorf unter dem Bruch der Immunität am 24. März 1933 für drei Tage inhaftiert. In dieser Zeit erfolgte die Durchsuchung seiner Wohnung und die Beschlagnahmung von Literatur durch die Gestapo. Die neuen Machthaber veranlassten seine Entlassung als Redakteur. Dahrendorf nahm am 16. Juni 1933 an der Parteivorstands- und -ausschusssitzung im Redaktionsgebäude des Hamburger Echos in der Fehlandstraße teil. Er wurde wie die anderen Anwesenden von der Gestapo verhaftet und bis Anfang August 1933 gefangen gehalten. Dahrendorf setzte sich nach Berlin ab und fand hier im Dezember 1933 eine Anstellung bei der Märkischen Brikett- und Kohlen-Verkaufs AG. Vermutlich brachte ihn das Vorstandsmitglied Herbert Dorendorf, der zuvor schon für die Sicherheit von Karl Meitmann gesorgt hatte, bei der Aktiengesellschaft unter. Dahrendorf erhielt am 1. Juli 1936 Prokura und wurde am 1. Mai 1940 Vorstandsmitglied und Direktor der Firma. Immerhin ermöglichte ihm die gesicherte wirtschaftliche Existenz, seinen Vater, Gustav Dahrendorf, und seinen Schwiegervater, Otto Witt, finanziell zu unterstützen. Beide, der eine als Angestellter beim Arbeitsamt, der andere als Gärtner bei der Friedhofsverwaltung Ohlsdorf, waren von den Nationalsozialisten 1933 aus politischen Gründen entlassen worden. Dahrendorf unterhielt Kontakt zu dem Widerstandskreis um Theodor Haubauch, Julius Leber und Wilhelm Leuschner und beteiligte sich aktiv an den Umsturzplanungen. Er war für den Wehrkreis X (Hamburg) als politischer Beauftragter vorgesehen. Nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 erfolgte drei Tage später seine Verhaftung in Buckow / Märkische Schweiz. Unter dem Vorwurf des Landesverrats wurde ihm vor dem Volksgerichtshof der Prozess gemacht. Während die Mitangeklagten Julius Leber, Hermann Maass und Adolf Reichwein wegen ihrer Zusammenarbeit mit Wilhelm Leuschner und Carl Friedrich Goerdeler am 20. Oktober 1944 zum Tode verurteilt wurden, erhielt Dahrendorf für seine Mitwisserschaft sieben Jahre Zuchthaus. Bis zu seiner Verurteilung wurde er im Berliner Gestapo-Gefängnis und im KZ Ravensbrück gefangen gehalten. Hier war er schweren körperlichen Misshandlungen ausgesetzt. Am 28. April 1945 wurde er von sowjetischen Panzertruppen aus dem Zuchthaus Brandenburg befreit. Auch der erst 15-jährige Sohn Ralf wurde Ende November 1944 verhaftet und bis zum 30. Januar 1945 in einem KZ bei Frankfurt an der Oder gefangen gehalten. Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes arbeitete Dahrendorf im Juni und Juli 1945 beim Magistrat der Stadt Berlin. Von August 1945 bis Januar 1946 war er als Vizepräsident der Deutschen Zentralverwaltung der Brennstoffindustrie für die Sowjetische Zone tätig. Er engagierte sich beim Aufbau der Berliner SPD und wurde in den sozialdemokratischen Zentralausschuss gewählt. Anfangs von der Notwendigkeit einer Zusammenführung von SPD und KPD überzeugt, bekämpfte er bald die von der sowjetischen Besatzungsmacht betriebene Zwangsvereinigung. Nach Hamburg zurückgekehrt, wurde er in den Vorstand der Konsumgenossenschaft „Produktion“ gewählt, 1948 erfolgte seine Berufung in die Geschäftsführung der Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Konsumgenossenschaften (GEG), später wurde er Vorsitzender der Geschäftsleitung. Darüber hinaus übte er ab 1951 im Vorstand des Zentralverbandes deutscher Konsumgenossenschaften den Vorsitz aus. 1953 gehörte Dahrendorf zu den Gründern der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände, deren Vorsitzender er bis zu seinem Tod war. Dahrendorf wurde im Oktober 1946 in die Hamburgische Bürgerschaft gewählt und gehörte ab 1948 dem Fraktionsvorstand an. Als Vizepräsident war er von 1947 bis 1949 im Frankfurter Wirtschaftsrat tätig. In Berlin-Charlottenburg wurde 1957 die Dahrendorfzeile nach ihm benannt, in Hamburg-Horn 1964 der Dahrendorfweg. Literatur:
Dahrendorf, Gustav: Der Mensch, das Maß aller Dinge: Reden und Schriften zur deutschen Politik 1945-1954, herausgegeben und eingeleitet von Ralf Dahrendorf, Hamburg 1955; Heinrich-Kaufmann-Stiftung (Hrsg.): Gustav Dahrendorf. Hamburger Bürgermeister des 20. Juli 1944. Mit Beiträgen von Gustav Dahrendorf, Ralf Dahrendorf, Michael Neumann, Klaus Uwe Benneter, Edda Müller, Burchard Bösche und Walther G. Oschilewski, Hamburg o.D. [2004]; Martens, Holger: Gustav Dahrendorf, in: Für Freiheit und Demokratie. Hamburger Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Verfolgung und Widerstand, hrsg. von SPD-Landesorganisation Hamburg, AK Geschichte und Arbeitsgemeinschaft ehemals verfolgter Sozialdemokraten, Hamburg 2003, S. 42f; Oschilewski, Walther Georg: Gustav Dahrendorf: ein Kämpferleben, Berlin 1955; FuD, S. 42f; Echo-Versammlung, S. 39ff; Verfolgung S. 30ff HM

Schlüsselübergabe Schule der Konsumgenossenschaften

Das Bild zeigt die Schlüsselübergabe für die Schule der Konsumgenossenschaften in Hamburg Sasel 1953

Gustav Dahrendorf

Gustav Dahrendorf

Dahrendorf Rede 50 Jubiläum ZdK

Der Vortrag von Gustav Dahrendorf fand zum 50. Jubiläum des ZdK in Hamburg im Jahre 1953 statt

Originalquelle zu Gustav Dahrendorf

Mitteilungen von Herrn Gustav Dahrendorf für Herrn Dr. Hefter und Herrn Biermann von der Forschungsstelle am 25. September 1950
(1): ….. Kaufmann war sehr bemüht, Kontakt zur Arbeiterschaft zu erhalten. Er war sich der Stärke der organisierten Arbeiterschaft in Hamburg durchaus bewusst. So war er auch daran interessiert, die Leser des bereits verbotenen „Hamburger Echo“ für den „Hamburger Anzeiger“ zu gewinnen, den die Nationalsozialisten kontrollierten. Diese Bemühungen hatten aber keinen Erfolg, und so entstand der Plan bei ihnen, das „Hamburger Echo“ mit einer anderen Redaktion evt. wieder aufzumachen. Kaufmann wandte sich im Mai 1933 mit einem diesbezüglichen Vorschlag über einen Mittelsmann an den früheren Schulsenator Emil Krause. (Auch ein ehemaliges Mitglied der Echo-Redaktion) In diesem Plan war vorgesehen, dass D[ahrendorf]. Chefredakteur der neuen Echo-Redaktion werden sollte mit der Berechtigung, von sich aus 3 Redakteure zu benennen, während die Nationalsozialisten 3 weitere Redakteure bestimmen würden.

D[ahrendorf]. stand zwar dem Plan von vornherein ablehnend gegenüber, wollte aber die dadurch gegebene Möglichkeit zu einer Aussprache unter den führenden Sozialdemokraten benutzen. Er ließ daher Kaufmann sagen, er müsse die Angelegenheit im Kreise seiner Freunde besprechen. Kaufmann gab hierzu seine Zustimmung.

Die hiernach einberufene Sitzung fand (wahrscheinlich) am 13. Juni 1933 [richtig: 15. Juni] statt. D[ahrendorf]. kann den Termin nicht mit voller Sicherheit bestimmen; er besaß aber zu dieser Zeit noch seinen Reichstagsausweis. Bei der Beratung, die in Räumen in der Fehlandstrasse vor sich ging, waren etwa 30-40 führende Vertreter der SPD anwesend, darunter Schönfelder, Meitmann, Eisenbarth, Podeyn, Dr. Staudinger, Dr. Mette, Saalfeld. Die Sitzung dauerte bis Mitternacht, und es wurde beschlossen, da man annahm, die Erlaubnis dafür zu haben, sie am nächsten Tag fortzusetzen. Am folgenden Tag trat man im Sitzungssaal der SPD in der Theaterstraße zusammen. Gegen 11 Uhr hörte man Geräusche von draussen. Durch die Fenster kamen etwa 6 SA-Leute mit gezücktem Revolver, die „Hände hoch!“ riefen. Dr. Mette gelang es als einzigem, aus der Versammlung zu entkommen; die anderen wurden zum Quartier des Kommandos z.b.V. in den Grossen Bleichen brach.  Zu dieser Zeit gab es noch kein System der Quälerei von Gefangenen, und die Nazis schöpften aus ihrer eigenen, noch dürftigen und mehr kindlichen als sadistischen Fantasie.

D[ahrendorf]. musste einen „Weihnachtsbaum“ aus schwarzrotgoldenen Bändern anfertigen sowie einen der Titel aus dem „Hamburger Anzeiger“ über Hitler vorlesen, wobei man ihm die richtige Betonung beizubringen versuchte. Im Laufe der Nacht erschien Kaufmann mit seinem Stab, darunter Richter, Stanik, Grahl (Letzterer hat sich 1945 umgebracht). Kaufmann vernahm D[ahrendorf]. und behauptete, man hätte am Versammlungsort das Exemplar einer vervielfältigen Denkschrift gefunden. Dahrendorfs Hinweis auf die Genehmigung der Versammlung blieb ohne jeden Eindruck auf Kaufmann.

In der Nacht wurden einige der Gefangenen misshandelt, darunter Schönfelder und Meitmann. Die Gefangenen wurden dann in das Strafjustizgebäude gebracht, von wo Dahrendorf und Meitmann nach Fuhlsbüttel kamen. Die beiden wurden als letzte im August entlassen mit der Auflage, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden. D[ahrendorf]., der keine Arbeit hatte, hielt in dieser Zeit Arbeitslosenunterstützung. Kaufmann gab dann seine Genehmigung zur Übersiedlung D[ahrendorf].‘s nach Berlin, wo er sich auch polizeilich melden musste.   (1) FZH, 8332 SPD 1933-1945 Berichte.

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