Blachstein, Peter

Blachstein, Peter

* 30.04.1911 in Dresden,
† 04.10.1977 in Hamburg

Journalist, Politiker, Botschafter

– SAJ 1928, SPD 1929 – 1931, SAP 1931 – 1933,
SPD ab 1947, Kreisvorsitzender,MdB

– 1 Jahr 4 Monate Schutzhaft, Untersuchungshaft KZ Dresden und Hohnstein 1933 – 1934 wg.Vorbereitung zum Hochverrat

– Berufsverbot, Emigration in die Tschechoslowakei,
nach Norwegen, Frankreich, Spanien, Schweden 1935 – 1947

– Botschafter in Jugoslawien 1968/69

Leben und Werk

Der Sohn eines Textilkaufmanns besuchte nach der Volksschule das Gymnasium, das er 1927 mit der Mittleren Reife verließ. Anschließend begann er eine Ausbildung als Buchhändler. Schon während der Schulzeit engagierte er sich in der deutsch-jüdischen Jugendbewegung. Von 1926 bis 1931 gehörte er dem Zentralverband der Angestellten an. 1928 wurde er Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) und im darauf folgenden Jahr trat er in die SPD ein.
Blachstein wollte Journalist werden. Ohne Abitur konnte er mit einer Sondergenehmigung von 1930 bis 1932 an der Technischen Hochschule in Dresden Geschichte, Literatur und Nationalökonomie studieren. Sein Studium finanzierte er bereits mit journalistischer Tätigkeit, so schrieb er für die Dresdner Volkszeitung, die Sozialistische Arbeiterzeitung in Breslau und für die Jugendzeitschrift "Junge Pioniere". Insbesondere interessierte ihn der Bereich Kultur. In Dresden besuchte er eine Schauspielschule. Als sich 1931 die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) von der SPD abspaltete, trat auch Blachstein zur neuen Partei und deren Sozialistischen Jugendverband über. Für die neue Jugendorganisation baute er das politische Kabarett "Die Nebelspalter" auf.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gehörte Blachstein zur illegalen Führung der SAP in Dresden. Am 8. Mai 1933 erfolgte seine Verhaftung mit etwa 90 anderen Mitgliedern. Am 28. Februar 1934 wurde er von Dresden in das KZ Hohnstein überführt und dort bis zum 13. August 1934 gefangen gehalten. Die Amnestie anlässlich des Todes von Reichspräsident Hindenburg brachte ihm die Freiheit. Anschließend stand er unter Polizeikontrolle und hatte Berufsverbot. Blachstein wollte sich weiterhin an der illegalen Arbeit beteiligen, allerdings nicht in Dresden. Ende 1934 traf er sich in Berlin mit dem Reichsleiter der illegalen SAP, Walter Fabian. Dieser empfahl, das Land zu verlassen, wenn er keine andere Arbeitsmöglichkeit fände. Um einer erneuten Verhaftung zu entgehen, flüchtete Blachstein, der wegen seiner jüdischen Abstammung ohnehin besonders gefährdet war, im Januar 1935 in die Tschechoslowakei.
Im August 1935 begab sich Blachstein nach Oslo und wurde Mitarbeiter in dem von Willy Brandt geleiteten Internationalen Sozialistischen Jugendbüro. Im Sommer 1936 reiste Blachstein nach Paris und traf dort erneut Fabian. Dann nahm er an einem Internationalen Arbeiterkongress gegen den Krieg in Brüssel teil, der ganz im Zeichen des Spanischen Bürgerkriegs stand. Hier wurde beschlossen, das Osloer Jugendbüro nach Barcelona zu verlegen. Blachstein wurde als internationaler Sekretär engagiert. Als sich die Differenzen im linken Lager über die Frage der Zusammenarbeit mit den moskautreuen Kommunisten verschärften und sich die SAP von der Partido Obrero de Unificación Marxista (POUM) zurückzog, blieb er für die Gruppe "Neuer Weg", die sich unter der Führung von Walter Fabian von der SAP abgespalten hatte, bei der POUM. Anfang Mai 1937 wurde Blachstein von der kommunistischen Geheimpolizei verhaftet. Im Januar 1938 gelang ihm die Flucht. Über Paris ging er wieder nach Norwegen. Als das Land 1940 von deutschen Truppen besetzt wurde, flüchtete er nach Schweden. Hier gehörte er der Landesgruppe Schweden der Auslandsvertretung der deutschen Gewerkschaften an. Von 1945 bis 1947 war er in dem skandinavischen Land als Sekretär des International Relief and Rescue Committee tätig.
Am 6. Mai 1947 kehrte Blachstein nach Deutschland zurück und nahm seinen Wohnsitz in Hamburg. Er trat in die SPD ein und arbeitete als Feuilletonredakteur beim Hamburger Echo. Schon im darauf folgendem Jahr übernahm Blachstein in Eimsbüttel den Vorsitz der SPD Kreisorganisation. Von 1948 bis 1976 war er Mitglied des SPD-Landesvorstandes. Er kandidierte 1949 erfolgreich für den Deutschen Bundestag. Von 1954 bis 1968 gehörte er dem Fraktionsvorstand an. Er war Mitglied der Beratenden Versammlung der West-Europäischen Union, des Europarats und der parlamentarischen Union. 1958 gründete er das Deutsche Komitee zur Hilfe für Demokratische Spanische Flüchtlinge und 1962 die Weltweite Partnerschaft in Hamburg e.V. Solidarität für Afrika, Asien und Lateinamerika (WWP). Blachstein blieb ein Querdenker, der sich nicht scheute, eigene Positionen gegen die Mehrheitsmeinung zu vertreten. So lehnte er 1959 das Godesberger Programm mit der Forderung nach einer umfassenderen Gesellschaftsanalyse ab.
Im Mai 1968 schied Blachstein aus dem Bundestag aus, um im darauf folgenden Monat nach der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen erster Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Jugoslawien zu werden. Ein Jahr später gab er diese Tätigkeit auf, er konnte sein Bundestagsmandat jedoch nicht wieder erringen.
Literatur:
Willy Albrecht: Jeanette Wolff – Jacob Altmaier – Peter Blachstein. Die drei Abgeordneten jüdischer Herkunft des deutschen Bundestages in der 50er und zu Beginn der 60er Jahre, in Menora: Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte 1995, S. 267 – 299; Peter Blachstein: Politische Biografie eines Hamburger Sozialdemokraten (1911-1977) Gebundene Ausgabe, VSA Verlag 2014“; FuD, S. 29f; HB, Bd. 6, S. 36f; Verfolgung S. 14
HM

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